1 Sinn und Zweck von Vorschriften: Ausgleich der Interessen
Das öffentliche Baurecht regelt das Rechtsverhältnis zwischen einem Bauherrn und dem Staat, der das öffentliche Interesse vertritt bei der Planung, Ausführung und Nutzung baulicher Anlagen
Bauherr ist, wer auf eigene Verantwortung eine bauliche Anlage vorbereitet und ausführt ( oder vorbereiten oder ausführen lässt ). Sein Interesse orientiert sich naturgemäß an das ihm nach dem Grundgesetz zustehende Grundrecht der so genannten „Eigentums- und Betätigungsfreiheit“, wozu auch die Baufreiheit gehört; z.B., die Freiheit einer größtmöglichen wirtschaftlichen und baulichen Ausnutzung seines Grundstücks, oder die Freiheit, nur ein Einfamilienhaus nach eigenen Vorstellungen der Gestaltung oder nach einem „Hauskatalog“ bauen zu können.
Der Staat, vertreten durch die Behörden in Bund, Länder und Gemeinden, richtet sein Interesse dagegen auf den Schutz der Allgemeinheit, insbesondere der Benutzer und der Nachbarschaft vor möglichen nachteiligen Auswirkungen einer baulichen Anlage. Das können sein die Höhe oder die Gestaltung eines Gebäudes oder die von einem Gebäude ausgehenden Emissionen wie Geräusche und Luftverunreinigungen.
Dieser Konflikt zwischen „Bauherrnwillen“ und „Schutzbedürfnis“ der Allgemeinheit muss durch Ausgleich der Interessen gelöst werden. Der Ausgleich erfolgt unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit im Rahmen demokratisch geregelter Gesetzgebungsverfahren und findet seinen Niederschlag in den Vorschriften des öffentlichen Baurechts. Eingebunden in diesen Prozess des Ausgleichs sind auch die Auseinandersetzungen zwischen den vielschichtigen und teilweise gegensätzlichen Interessen der ebenfalls von baurechtlichen Vorschriften Betroffenen, wie Bauwirtschaft, Mieterverbände, Grundeigentümerverbände, Naturschutz – und Umweltschutzverbände, Versorgungs- und Entsorgungsunternehmen sowie die ver-schiedenen Berufsverbände und andere Vertretungen aus Industrie und Wirtschaft .